Ich hatte eine Katze.
Jetzt hab ich zwei.
Nicht das ich ein ausgesprochener Katzenfreund wäre. Es hat sich einfach so ergeben, dass vor 10 Jahren Madame Mim das Regiment im Haus übernahm, und letztes Jahr Herr Borchert dazu kam, seines Zeichens: Kater. Madame Mim hieß früher auch mal anders. Schlicht: Süße.

Ich hab keine Ahnung wohin das Süße entschwunden ist, auf alle Fälle ist sie ziemlich exzentrisch, weshalb sich ihr Name auch wandelte, zu Madame Mim. Eines Morgens, als ich mich schlaftrunken mit einer Schüssel Kaffee auf meiner Bänke vor dem Haus platzieren wollte, lag dort Herr Borchert. Ein zusammengerolltes Fellknäul, das leise schnurrte als ich mich neben ihn setzte, Kaffee schlurfte und ihn kullerte.

Ein kleines Morgenritual, das sich da zwischen uns entwickelte, und eines Tages saß er dann auch Mittags vor der Terrassentür, und blickte sehnsuchtsvoll herein, und ich machte die Tür hoch und weit für ihn.
Madame Mim brachte darüber klar und deutlich zum Ausdruck: DER gehört hier nicht her; und ich tat so als wüsste ich nicht worüber sie sich echauffierte, wofür sie sich mit zwei Wochen beleidigt sein revanchierte.

Dafür beobachtete sie Herrn Borchert mit Argusaugen, und Madame entdeckte ihre Leidenschaft für Attacken, frei nach Wilhelm Tell: durch diese hohle Gasse muss er kommen … An der hohlen Gasse führte kein Weg vorbei, wollte Herr Borchert an die Futterschüssel, an deren Ende ein Mauervorsprung war, in dessen Nische wer wohl saß und wartete – nein, vielmehr saß und immer wieder vorsichtig mit einem Auge ums Eck herum linste, ob er nun kam, DER, der hier nicht her gehörte.

Wenn er dann kam, DER, der hier nicht her gehörte, dann sprang Madame mit einem Satz heraus, watschte den armen Kerl dermaßen ab, sodass DER, der nicht hier her gehört, sich erst mal setzen musste, und reichlich verdattert in die Gegend starrte. Eine Zeit lang musste ich Geleitschutz geben, damit Herr Borchert an seine Futterschüssel kam.
Dann fiel Madame Mim etwas neues ein.

Ich weiß nicht wie, aber Madame entdeckte wenn sie Herrn Borcherts Futter anschlozte ( nur anschlozen, nicht wegfressen, irgendwie ist sie ziemlich figurbewusst) dann rührte DER, der nicht hier her gehörte, dass Futter nicht mehr an – und alles, alles war ihr`s.

Seither musste ich diverse Futterschüsseln vor gewissen Schlotzangriffen retten, und nachdem mir das halbwegs gelang, harrte ich – und ich glaube auch Herr Borchert – darauf, was als nächstes kam.

Als nächstes kam der Sommer und mit ihm vollzog sich mit unserer Madame Mim, der erstaunliche Wandel von der exzentrischen Zicke, zur rolligen Katze. Was zur Folge hatte, dass Herr Borchert die Welt nicht mehr verstand. Die ganze Zeit wurde er attackiert, sah sich Schlotzangriffen, und üblen Anfauchungen ausgesetzt, wenn er der Madame Mim auch nur einen Hauch zu nahe kam, und nun? Rollte sie die Terrasse rauf und runter, direkt auf den DER, hier nicht her gehörte, zu. Herr Borchert saß baff erstaunt, mit einem leicht verständnislosen Blck auf der Terrasse, und wunderte sich über rollende, exzentrische Katzen.

Als dann ihre Exzellenz, die Madame, vor dem lag, DER hier nicht her gehörte, und jener aus sicherheitstechnischen Gründen wohl dachte, das es besser ist, sich nicht zu bewegen und erst mal abzuwarten was da als nächstes kommt, watscht sie ihn doch schon wieder ab, die Madame. Dieses mal aber weil DER, der hier nicht her gehörte, nicht nahe genug kam. Worauf Herr Borchert mich reichlich verdutzt anschaut und fast ist mir, als hörte ich ihn fragen: Verstehst du die Weiber? Tscha, murmelte ich so vor mich hin, da musst du nun durch Herr Borchert, aber das wird schon werden, davon bin ich überzeugt.

Sie haben das dann auch tatsächlich hinbekommen. Friede, Freude, Eierkuchen, einen Sommer lang.
Dann vollzog sich wieder der Wandel von der rolligen Katze, zur exzentrischen Zicke und Madame Mim war wieder voll da, inklusiv Schlotzangriffen und wilhelmischen Tellereien. Herr Borchert musste ein mal mehr umdenken und gewiss fragte er sich, ob die nicht alle spinnen.

Aber, diesen Ausdruck: DER gehört hier nicht her, hab ich bei Madame seither nicht mehr gesehen.
Derzeit stehen wir bei: WER ist das schon. Mal sehen, vielleicht geht da noch was, der nächste Frühling kommt ja bestimmt.

Veröffentlich von Eusebia Neuner auf „X“